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Galaktose, eine artgerechte Ernährung?

Galaktose, auch Schleimzucker genannt, kommt in der Tier– und Pflanzenwelt vor.

Die pflanzliche Galaktose liegt in der Regel in einer Verbindung vor, die im menschlichen Verdauungstrakt nicht oder nur schlecht aufgeschlossen werden kann. Sie wird über den Dickdarm entsorgt und soll hier nicht weiter schädlich sein. Sie wird allerdings zu Alkoholverbindungen umgebaut.

Anders die tierische Galaktose, die wir ausschließlich über Milch und Milchprodukte zu uns nehmen. Sie liegt — nach Aufspaltung des Milchzuckers zu Glukose und Galaktose — in einer Verbindung vor, die von den Darmwänden aufgenommen wird und vom menschlichen Körper verwertet werden kann. Allerdings kann diese Galaktose als solche nicht direkt genutzt werden. Sie muss zu Glukose umgebaut werden. Weil der gesunde menschliche Körper Milchgalaktose in Glukose umwandeln kann, ist Galaktose unzweifelhaft als Energielieferant für die menschliche Ernährung anzusehen.

Aber,

von Natur aus ist Galaktose lediglich dafür vorgesehen im Kleinkindalter als Energielieferant zu dienen. Im Erwachsenalter ist – bei artgerechter Ernährung – Milchgalaktose als Nahrung nicht mehr vorgesehen.

Es gibt 3 Enzyme (Galaktokinase, Galaktose-1-phosphat-Uridyltransferase und UDP-Glukose-4-Epimerase), die bei der Umwandlung von Galaktose zu Glukose aktiv sein müssen. Sind sie nicht vorhanden oder nicht ausreichend aktiv, wird Galaktose nicht in Glukose umgewandelt. Sie ist dann als solche in verschiedenen chemischen Zwischenstadien im Blut vorhanden und wird damit eine für den menschlichen Körper toxische Substanz.

Die vom Körper verwertbare sogenannte D(+)Galaktose wird derzeit als Nahrungsergänzung angepriesen. Als Grund wird angegeben, dass Galaktose Bestandteil jeder Zelle ist und für den Stoffwechsel zwischen den Zellen (Zwischenzellsubstanz) von großer Bedeutung ist. Im Gehirnstoffwechsel spielt sie eine besondere Rolle. Um letzteren zu verbessern wird sie zur Prophylaxe vor Demenz und Alzheimer besonders empfohlen. Auch gegen Parkinson und Krebs soll sie eingesetzt werden.

Wir stehen dem äußerst kritisch gegenüber und zwar aus folgendem Grund.

Evolutionsgeschichtlich gesehen gehört Galaktose nicht zu unseren Energielieferanten im Erwachsenenalter, s.o. Wir konnten und können völlig gesund ohne Zufuhr von Nahrungsgalaktose leben.

Denn der menschliche Organismus hält das o.g. Enzymsystem vor, das nach Bedarf Glukose in Galaktose und Galaktose in Glukose umwandelt, ein in sich geschlossenes System, das als Interkonversion von Glukose und Galaktose bezeichnet wird. Glukosezufuhr allein reicht aus, um den Körper mit der nötigen Galaktose zu versorgen. Nahrungsgalaktose ist für erwachsene Säugetiere, also auch für die menschliche Spezies, nicht nötig.

Erst seit wir Milch als Nahrungsmittel nutzen, seit 4000 bis 5000 Jahren, hat es der menschliche Körper mit D(+)Galaktose zu tun bekommen. — Wie schon bemerkt, war die pflanzliche Galaktose mangels Synthetisierbarkeit immer unrelevant. — Und erst seit wir viele Milchprodukte täglich zu uns nehmen, also seit ca. 60 Jahren, hat es unser Körper mit sehr viel Galaktose zu tun.

1 l Milch enthält etwa 24 g Galaktose. Wer täglich etwa 1 Glas Milch 250 g, 1 Joghurt 125 g, 200 g Quark, Käse, Milch–Schokolade und Lebensmittel mit versteckten Milchzuckerzusätzen isst, nimmt etwa 15 g reine Galaktose zu sich. Erreicht diese das Blut und wird sie in Glukose umgewandelt, ist alles gut.

Geschieht dies nicht, wird's problematisch.

Denn das Enzymsystem, das die vom Körper selbst produzierte Galaktose — bis zu 10 g täglich — entsorgt, ist auf diese 10 g zugeschnitten, nicht jedoch auf eine zusätzliche externe Galaktoseanflutung von besagten wenigstens weiteren 15 g, die jetzt täglich zusätzlich von den meisten Milchessern bewältigt werden müssen.

An diesem Punkt angelangt, dürften erste Zweifel, ob Galaktose als Nahrungsergänzung sinnvoll sein kann, auftreten. Denn als Nahrungsergänzung werden in der Regel zusätzlich etwa 10 g täglich empfohlen, was zu folgender Galaktoseflutung führt:

Das sind also etwa 25 g externe Galaktose täglich, mit denen ein Organismus fertig werden muss, der entwicklungsgeschichtlich an 0 g D (+)Nahrungsgalaktose angepasst ist!

Wenn sodann die Enzyme betrachtet werden, die im Stoffwechsel für die Galaktose eine Rolle spielen, dürften die Zweifel noch größer werden.

Die o.g. Enzyme sind in allen Organen aktiv, besonders aber in der Leber, wo die Entsorgung von Galaktose und ihren toxischen Zwischenprodukten hauptsächlich stattfindet. Sie sorgen anschließend dafür, dass die körpereigene Galaktose über die Niere ausgeschieden wird.

Nun kommt es gar nicht so selten vor, dass eines dieser Enzyme fehlt oder nicht so aktiv ist wie erforderlich.

Beim Fehlen dieser Enzyme handelt es sich um vererbare Gendefekte. Einer führt zur sogenannten klassischen Galaktosämie. Sie ist selten und wird durch das Neugeborenen–Screening zweifelsfrei erkannt. Hier muss lebenslang auf Galaktosehaltiges verzichtet werden. Trotzdem treten die typischen Symptome — verzögerte Reifung, neurologische und motorische Störungen, Unfruchtbarkeit bei Frauen — auf, weil die vom Körper selbst produzierte Galaktose nicht entgiftet werden kann.

Ein zweiter Gendefekt führt unter Galaktoseernährung zu Katarakten in den Augen und wird meist erst durch diese erkannt. Ein Dritter ist nur in einer spezifischen Variante problematisch.

Von diesen klassischen Gendefekten gibt es verschiedene Ausprägungen. Und es gibt genetisch bedingte mildere Formen, die im Neugeborenenscreening nicht festgestellt werden. D.h. Es gibt eine angeborene geringere Aktivität dieser Enzyme, wie auch eine im späteren Leben erworbene geringere Aktivität. Davon sind erheblich mehr Menschen betroffen als von den klassischen Formen. Wer und wie viele Menschen betroffen sind, ist unbekannt, denn bisher werden dazu keine Untersuchungen durchgeführt.

Bekannt ist allerdings, dass mit zunehmendem Alter bei jedem Menschen die Aktivität dieser im Galaktosestoffwechsel bedeutenden Enzyme abnimmt. Denn spiegelbildlich dazu vermindert sich die endogene, also die körpereigene Galaktoseproduktion mit dem Alter ebenfalls. Sie nimmt ebenfalls ab.

Die enzymatische Galaktosentsorgung ist also sehr fein auf die korpereigene Galaktoseanhäufung ausgerichtet. Es ist daher schwer vorstellbar, dass sie täglich externe zusätzliche 2 bis 3–fache Galaktosemengen dauerhaft bewältigen kann.

Insgesamt ist die Forschung zur Aktivität der Galaktoseenzyme unzureichend. Deshalb ließ eine kürzlich veröffentlichte Studie zur "Altersabhängigkeit der Galaktose-Eliminationskapazität bei gesunden Kindern und solchen mit chronischer Leberschwäche" aufhorchen.

Es wurde festgestellt, dass sowohl bei gesunden, wie bei kranken Kindern die Galaktoseeliminierung im Kleinkindalter am höchsten war und im Laufe der Jahre bis zum Alter von 16 Jahren kontinuierlich abnahm. Mit 16 Jahren war das Niveau der Erwachsenen erreicht. Dies zeigt deutlich, dass die Galaktoseenzyme eine anthropogenische Komponente besitzen und auf eine Milchernähung nach dem Abstillen nicht ausgerichtet sind. Säugetiere benötigen zwar im Säuglingsalter Galaktose, die mit der jeweiligen Muttermilch zur Verfügung gestellt wird. Gleichzeitig wird jedoch durch eine hohe Enzymaktivität sichergestellt, dass diese Galaktose, keinen Schaden anrichten kann und entsorgt wird. Mit zunehmendem Lebensalter wird — bei artgerechter Ernährung — keine Galaktose mehr mit der Nahrung bereit gestellt, so dass die Enzymaktivität abnehmen kann.

Uns erscheint es aus diesen Gründen äußerst fragwürdig, ob man den eigenen Organismus durch Milch– und Galaktosezuführung einer zusätzlichen Entgiftungsnotwendigkeit aussetzen sollte, ohne zu wissen, ob das eigene Entgiftungssystem auch gut funktioniert. Wenn ja, ist alles in Ordnung, wenn aber nein, ist eine schleichende Vergiftung die Folge.

Zu Galaktosämie und Galaktosestoffwechsel: www.galid.de

International mit Links zu Diskussionsforen: http://www.galactosaemia.com

Letzte Änderung am 04.12.2011

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